"Am produktivsten bin ich am Schreibtisch!"

 

Weißgraue, sich selbst aufblasende Hüpfburgen als Sonderanfertigung, Utensilien aus der Ausstellungstechnik, dem Baumarkt, oder der Werbetechnik, zweckentfremdet einer neuen Funktion zugeführt. Kunst, die den eigenen Betrachtungshorizont erweitert, zum Nachdenken oder Lachen anregt. Jonas Hohnke und die Konzeptkunst.

Ich besuche Jonas Hohnke in seinem Hinterhof-Atelier und werde freudig von ihm und seiner Freundin (ebenfalls Künstlerin) begrüßt.  Dort stellte ich mir vor, den "White Cube I" (die weiße Hüpfburg) oder diverse andere Installationen zu sehen. Der Arbeitsraum ist zwar riesengroß, aber bis auf ein Lager ist er gerade leer und beherbergt lediglich einen großen Schreibtisch in der einen Ecke des Raumes und ein braunes Ledersofa in der anderen Ecke mit einer Durchreiche in eine Küche voller kleiner Kunstwerke und "Dinge". Und so erfahre ich, dass die meisten seiner Werke bzw. Installationen entweder gerade in aktuellen Ausstellungen zu erleben sind, oder bereits von Museen für ihre Sammlung angekauft wurden. Also auf zur nächsten Ausstellung! Doch jetzt kommen erst einmal ein paar Fragen an den Künstler:

Wie bist Du zur Kunst gekommen?

Seitdem ich denken kann. Wahrscheinlich auch schon vorher. Wahrscheinlich habe ich über das Kindesalter hinaus nie aufgehört, mich für Bilder, Objekte und die Umwelt zu begeistern. Ich glaube, das jedes Kind einen gewissen Gestaltungs - oder Schaffensdrang hat, bei einigen bleibt dieser darüber hinaus bestehen.

War Dein Weg zum Künstlerdasein für Dich immer klar oder gab es Umwege?

Für mich war der Weg eigentlich immer klar, auch wenn ich ihn erst später so definieren konnte. Die Umwege werden ja eher von aussen heran getragen. Wenn man z.B. mit der Schule ins Berufsinformationszentrum muss, findet man dort ja nicht den Beruf „Künstler“. Ich erinnere mich, dass „Designer“ dem am nächsten kam. Allerdings war mir damals schon irgendwie klar, dass ich nicht etwas schaffen wollte, was wirklich funktioniert oder einen Zweck erfüllt. Als man dann dort diesen Test machen musste, welcher Beruf zu einem passen würde, wurde mir "Bundesgrenzschutzbeamter" und "Binnenschiffer" vorgeschlagen. Das konnte ich aber nicht wirklich ernst nehmen. Da hätte ich wohl lieber diesen Computer erfunden der für Personen völlig unpassende oder absurde Berufe vorschlägt.

Hast Du von Anfang an Förderer und Fans Deiner Kunst gehabt? Oder musstest Du Dir diese hart erarbeiten?

Ich denke schon, dass ich das Glück hatte immer auch Unterstützer um mich zu haben. Angefangen bei meinen Eltern. Allerdings war ich auch immer dankbar, ernsthafte Kritiker um mich zu haben, in deren Umfeld ich mir eine gewisse Anerkennung auch wirklich hart erarbeiten musste/muss. Da fühlt man sich herausgefordert, diese mit dem, was man macht zu überzeugen. Gerade wenn das, was man macht, nicht im eigentlichen Sinne als „schön“ wahrgenommen wird. Wenn das dann nach und nach funktioniert, motiviert es auch weiter zu machen. Ich weiß gar nicht, ob meine Arbeit Fans hat, freue mich aber, wenn Menschen einen Zugang bekommen oder aber sagen „Das kann ich auch!“ oder „Das soll Kunst sein?“.




Wie vermarktest Du Dich und Deine Werke? 

Eher schlecht. 

 

Welche „artfremden“ Jobs hattest Du bislang in Deinem Leben?

Das würde wohl den Rahmen sprengen. Die meisten Jobs waren für beide Seiten oft eher "unerfolgreich".
Aber eine kleine Auswahl kann ich nennen: - Werbung in Briefkästen oder Container werfen (1-2 Monate) - Theke/Bar (mehrere Jahre) - DJ (2-3 Jahre) - Coca Cola Produkte in Regale stellen (2-3 Monate) - Buchbinderei (mehrere Jahre) - Dixi Toiletten Transporter verfolgen (4 Stunden) - Solaranlagen installieren (1 1/2 Tage) - und zwischendurch auch mal Veranstaltungstechnik ... 

 

Wie startest Du in Deinen Tag, oder wie strukturierst Du Deinen Alltag? Gibt es Rituale? 

Nun ja … Wenn möglich stehe ich so spät wie möglich auf. Dann beginnt der Arbeitstag mit Kaffee und Zigaretten am Computer, dann werden Projekte geplant und entwickelt, Mails gelesen, geschrieben, Sachen bestellt. Neben kleinen Projektskizzen erstelle ich Listen, welche dann abgearbeitet werden müssen. Wenn es sonst keine Materialien zu besorgen gibt, oder ein Ausstellungsaufbau ansteht, endet der Tag meistens ähnlich nur ohne Kaffee und ganz selten gibt es gegen Feierabend auch mal ein Bier. 

 

Wo und wie arbeitest Du am liebsten?

Das ist situationsabhängig. Am produktivsten bin ich aber wirklich am Schreibtisch. Wie oben beschrieben sitze ich da oft 8-12 Stunden am Tag wie ein Bundesgrenzschutzbeamter im Büro oder ein Binnenschiffer in der Kajüte und gehe dem nach was ansteht. Vielleicht hatte der Computer ja doch recht!? 

 

Welche Materialien nutzt oder bevorzugst Du für Deine Kunst?

In meiner Arbeit schliesse ich kein Medium oder Material aus. Oft liegen meinen Arbeiten Alltagsgegenstände aus industrieller Produktion zu Grunde. 

 

In welcher künstlerischen Disziplin bist Du bevorzugt tätig?

Ich brauche diese Definition für mich nicht, aber wahrscheinlich würde man meine Arbeit am ehesten der Konzeptkunst zuordnen. 

 

Was tust Du, wenn Dich eine Schaffenskrise erwischt?

Die werden in den letzten Jahren immer weniger. Früher bin ich oft daran verzweifelt. Dadurch, dass es immer mehr zu tun gibt, gibt es für mich glücklicherweise keine Schaffenskrisen mehr. Eher das Gegenteil ist der Fall, wenn viele Projekte gleichzeitig organisiert und fertig werden müssen, komme ich an meine Grenzen. Ausserdem sind die Skizzenbücher voll mit Arbeiten und Projekten welche noch nicht umgesetzt wurden. Und da kommen stetig neue dazu. 


"Die Skizzenbücher sind voll mit Arbeiten und Projekten, welche noch nicht umgesetzt wurden."


Aber was oder wer treibt Dich an?

Die Umsetzung der nächsten Arbeit. 

 

Wie kommst Du in den „Flow“?

Wenn etwas unerwartet gut funktioniert.  

 

Was zerstört Deinen „Flow“ umgehend?

Energieraub.

 

Wann ist etwas richtig gute Kunst für Dich? 

Wenn es mir eine neue Welt oder Perspektive offenbart. Manchmal auch, wenn ich eine Weile brauche, um es als solche zu sehen. 

 

Gibt es Kunst, die Du richtig schlecht findest?

Ja. Aber ich glaube das ist dann eher Aktionismus im Kunstpelz. 

 

Warum sollten die Menschen, Kunstsammler, Museen und Galeristen Deine Kunst kaufen?

Weil das Preisleistungsverhältnis unschlagbar ist.

 

Wie gehst Du mit Kritik an Deinem Werk um?

Da kann mich nichts mehr erschüttern.

 

Welche Ziele möchtest Du mit Deiner Kunst noch erreichen?

Das sie mich überdauert, inhaltlich von Wert ist, Menschen neue Sichtweisen vermittelt und vielleicht Freude bereitet.

 

Was wäre Dein größter Traum?

Eigentlich einfach nur eine Retrospektive im MoMA in New York. Das ist nicht so hochgegriffen. Den Deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig würde ich wohl auch gerne mal machen. Aber das sind eher Ziele.  

 

Was war der beste Ratschlag, den Du für Deine Arbeit je erhalten hast?

Das man konsequent sein sollte in dem was man tut. 

 




Zum Schluss, unsere Rubrik: „Kurze Fragen, kurze Antworten“  

 

Dein aktuelles Lieblingsbuch?

Vom Titel her „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit.“ Da hatte ich aber noch keine Zeit das zu lesen.… 

 

Dein Mantra oder Lieblingsspruch/Zitat lautet?

Das geht trotzdem irgendwie!! 

 

Deine nächste Reise geht am liebsten wohin?

Um die Welt.

 

Deine Vorbilder?

Habe ich keine.

 

Was hast Du immer im Kühlschrank?

Alte Butter.

 

Wie definierst Du Luxus?

Zu tun was einem beliebt.  

 

Dein Leben ohne Kunst wäre...

…Kein Luxus.

 

Deine Kunst ist...

…Einige sagen: Humorvoll!

 

Das Leben ist zu kurz um…

…Aufzuhören.



 

Zur Person

Jonas Hohnke - Jahrgang 1983  - geboren in Wuppertal   -  Studium Freie Kunst an der Kunstakademie Münster - 2009 als Meisterschüler bei Prof. Guillaume Bijl und 2011 bei Prof. Ayse Erkemen.
Diverse Stipendien und Auslandsaufenthalte in Paris und New York.

Jonas Hohnke lebt und arbeitet in Wuppertal .

 

www.jonashohnke.de

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